Samstag, 6. Januar 2018
Bruchstück V
Als sich Sarina umdrehte, stockte sie plötzlich mitten in der Bewegung und schnappte kurz nach Luft. Fragend drehten sich auch die beiden Männer in diese Richtung und konnten ihren Augen ebenso wenig glauben, als auf einmal ein großer, schwarzer Hund vor ihnen stand, der viel mehr nach einem Wolf aussah.

"Oskar?" Ohne sich zu regen, fragte Andrej nach dem anderen, der ein kurzes Geräusch von sich gab. "Da hast du deinen heulenden Hund."

"Sieht nicht so aus, als ob er unsere Hilfe bräuchte", ergänzte Sarina. Regungslos standen sie sich gegenüber, bis Oskar plötzlich aus seiner Starre erwachte.

"Ach kommt schon, das ist doch Schwachsinn." Noch ehe er den Satz richtig beendet hatte, bleckte das Tier seine Zähne, die nicht nur sehr beeindruckend, sondern auch sehr bedrohlich aussahen. Zusammen mit dem Mann war auch Leben in den Wolf gekommen. Denn kein Hund war derart groß und sah so bedrohlich aus, dessen war Andrej sich sicher. Noch ehe die drei aber reagieren konnten, stob der mittlerweile sehr dichte Schnee auseinander. Eine schwarze Gestalt auf einem großen Pferd trat in ihr Sichtfeld. Als sie ihren linken Arm anhob, hielt der Wolf in seiner Bewegung inne.

"Das ist dieser dunkle Reiter, von ihm habe ich gehört." Sarinas panische Stimme steckte auch die zwei Männer an.

"Und was soll das jetzt heißen?" Sofort nahm Oskar eine abwehrende Haltung ein. Als die schwarze Gestalt auf einmal ein glänzendes Schwert hochriss, war der Mann jedoch der erste, der panisch die Flucht ergriff. Ohne zu zögern folgten ihm auch die anderen beiden.

"Niemand kennt seine Identität", keuchte Sarina, nachdem sie bereits einige hundert Meter gerannt waren und in eine andere Straße einbogen. Hinter ihnen waren schwere Schritte zu hören, die sie nicht langsamer werden ließen.

"Und was ist mit diesem Hund?" Andrej wagte es nicht einmal, sich umzudrehen. Doch er war sich ziemlich sicher, dass das hinter ihnen nicht der Reiter, sondern sein schwarzer, großer Begleiter war.

"Keine Ahnung." Sie rannten und rannte, bis die kühle Temperatur längst wieder der Wärme gewichen und die Schritte hinter ihnen verstummt waren. Die Straße in der sie sich befanden war gut ausgeleuchtet und neben ihnen waren noch andere Leute auf ihr unterwegs. Vollkommen außer Puste und mit brennender Lunge blieb Andrej stehen, als er die anderen Menschen bemerkte. Auch die anderen zwei wurden schnell langsamer und blieben dann stehen. Langsam ging er zu ihnen hin. Da sie mindestens genauso sehr wie er selbst außer Puste waren, schnappten sie alle zusammen schweigend nach Luft.

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Freitag, 5. Januar 2018
Bruchstück IV
Nachdem sie zwei schlecht ausgeleuchteten Gassen durchquert hatten, waren sie dem Geheul bereits sehr nah. Als es auf einmal schlagartig kälter wurde, blieben die drei unschlüssig stehen. Ein solcher Temperaturabfall im Sommer war alles andere als üblich oder normal.

"Ist euch auch auf einmal so kalt?" Sarina schlang die Arme um ihre Brust um sich etwas gegen die plötzliche Kälte zu schützen.

"Ist ja echt merkwürdig." Auch Oskar konnte sich dieses Phänomen nicht erklären und schaute sich stattdessen um. Sein deutlich sichtbarer Atem ließ sich auch Andrej umschauen. Sie waren bereits am Rande der Stadt, so dass es durchaus etwas kühler sein könnte. Doch diese Temperaturen waren schon fast winterlich.

"Vielleicht sollten wir einfach umdrehen", schlug er daher vor. Zusammen mit dem Heulen, das auf einmal aufgehört hatte, war ihm das alles nicht geheuer. Auch wenn er sich mit solchen Gedanken nur lächerlich machte, ihm würde es damit wohler gehen. Das war auch der Grund, warum Andrej sie nicht direkt aussprach.

"Ach was, das ist sicher nur ein Gewitter, das sich ankündigt."

"Oskar, lass uns einfach gehen", bat Sarina den Mann, den das alles nur noch neugieriger zu machen schien.

"Ähm, Leute..." Andrej hatte sich etwas umgeschaut und im schwachen Schein einer Laterne soeben ein kleines, weißes Etwas entdeckt, das tänzelnd zu Boden sank.

"Was ist denn?" Sarina drehte sich als erstes zu ihm um und starrte ebenso ungläubig die Schneeflocken an, die immer mehr vom Himmel rieselten. "Ist das... Schnee?"

"Das muss ja ein heftiges Unwetter werden, was?" Fragend schaute Andrej den Brünetten an, der ebenfalls nicht schlecht staunte.

"Ja..." Ihm hatte es offensichtlich die Sprache verschlagen.

"Lasst uns einfach von hier verschwinden, Jungs."

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Donnerstag, 4. Januar 2018
Bruchstück III
"Okay, dann werde ich mich mal auf den Weg machen." Oskar schien nun ja in guten Händen zu sein.

"Du willst schon gehen? Schade." Auch wenn Sarina wirklich etwas bedauernd wirkte, so wollte ihn sie nicht aufhalten. Ganz anders sah es da bei Oskar aus.

"Vergiss es. Du gehst erst, wenn du mir die Lösung gesagt hast." Anscheinend hatte er es doch nicht vergessen.

"Was für eine Lösung denn?" Fragend schaute die Frau zwischen den beiden Männern hin und her.

"Genau, vielleicht kannst du mir helfen, Sarina. Du kannst mich verschlucken, aber ich dich auch. Was bin ich?" Andrej verkniff sich nur mit Mühe ein Grinsen, als die Frau den Brünetten erst irritiert anschaute. "Er will mir die Lösung nicht verraten." Dabei deutete er auf den anderen Mann.

"Keine Ahnung. Warum willst du ihm die Antwort nicht sagen?" Bei Sarinas lieber Frage hätte Andrej beinahe nachgegeben. Stattdessen aber packte er seine Unschuldsmiene aus.

"Ich weiß es doch auch nicht, deswegen habe ich ihn ja um Hilfe gebeten."

"Lüg doch nicht", widersprach Oskar sofort energisch. "Er will sich für letzte Woche rächen, das ist alles."

"Rächen?" Sie schaute den Blondhaarigen nur kurz an, was ihr zu genügen schien. Anscheinend kannte sie den Mann noch gut genug. "Warum lässt du dich davon dann so ärgern?" Mit so einer Reaktion hatte Oskar wohl nicht gerechnet, da er einige Augenblicke brauchte, um sich wieder zu fangen.

"So etwas kann man doch nicht offen stehen lassen." Sarina seufzte lediglich.

"Du hast dich wirklich nicht verändert." Bei diesem Satz musste Andrej nun wirklich breit grinsen.

Letztendlich blieb er doch länger, als er gewollt hatte. Aber Sarinas war eine derart angenehme Gesellschaft, dass er doch geblieben war. Mit ihr hatte er sich gut unterhalten können, während Oskar beim Arzt gewesen war. Als er zurückkam wurde er erwartungsvoll von den anderen beiden angeschaut.

"Und, alles gut bei dir?" Andrej hatte Sarina den Unfall noch einmal geschildert, so dass diese nun noch immer besorgt war.

"Ja, alles bestens. Ich sagte doch, ich hab nichts." Nicht nur die Frau war erleichtert über diese Aussage.

"Wann bist du dran?" Da Andrej spätestens nach Oskars Untersuchung hatte gehen wollen, wandte er sich nun an die Frau, die noch immer nicht aufgerufen worden war.

"Ach, das kann noch dauern. Geht ruhig." Der junge Mann war unglaublich erleichtert über diese Worte, trotzdem tat es ihm leid für sie.

"Okay. Wir sehen uns bestimmt mal wieder." Aus Oskars Worten war etwas mehr herauszuhören.

"Wir können uns ja mal die Tage treffen." In Oskars Augen erschien sofort ein Funkeln, das wohl auch Sarina nicht entgangen war. Ohne eine Zusage von dem Brünetten zu bekommen, wandte sie sich an Andrej. "Wie siehts aus, hast du auch Lust mitzukommen?" Etwas überrumpelt schaute er die Frau an.

"Ich weiß nicht so recht", erwiderte er zögerlich.

"Wenn er nicht will." Oskar schien das nur recht zu sein, was Andrej eine Entscheidung treffen ließ.

"Warum eigentlich nicht."

"Das freut mich." Begeistert klatschte Sarina ihre Hände zusammen, während Oskar ihn zwar missmutig aber keineswegs verärgert anschaute. Ihn derart zu ärgern war auch keinesfalls Andrejs Intention. Er wusste auch nicht so wirklich, warum er sich nun so entschieden hatte.

So kam es jedoch, dass er einige Tage später nach der Uni am Bahnhof stand und darauf wartete, einen der anderen beiden zu erblicken. Er hatte etwas Sorge, dass sie sich gar nicht fanden, doch schnell bemerkte er, dass diese Sorge vollkommen schwachsinnig gewesen war. Nicht nur war Sarinas Größe, sondern auch ihre grellen Haare derart auffällig, dass er sie gar nicht hätte übersehen können. Damit sie ihn auch fand, kam er ihr etwas entgegen.

"Andrej, schön dass du gekommen bist." Fröhlich drückte sie den Jungen kurz an sich, der damit nun gar nicht gerechnet hätte.

"So nette Gesellschaft kann ich mir doch nicht entgehen lassen." Viel mehr Worte konnten sie auch nicht wechseln, da im nächsten Augenblick auch Oskar bei ihnen auftauchte. Nach einer kurzen Begrüßung, wartete Andrej darauf, dass sie sich in Bewegung setzten.

"Und wo gehen wir nun hin?", wollte er wissen, nachdem sie tatsächlich losgegangen waren. Im Krankenhaus hatten sie keine wirklichen Pläne gemacht.

"Ich dachte daran, vielleicht etwas essen zu gehen." Legte Sarina ihre Pläne offen.

"Oder ins Kino können wir später ja auch", ergänzte Oskar. Über diese beiden Vorschläge runzelte Andrej seine Stirn, da er ungern Geld ausgeben wollte. Um ein Essen kam er wohl aber kaum herum.

"Was meinst du, Andrej?" Dass die Frau sich plötzlich an ihn wandte, hatte der junge Mann nicht erwartet. Überrascht schaute er sie an, während er nach den richtigen Worten suchte.

"Eine Kleinigkeit zu essen wäre sicherlich nicht schlecht." Ihm passte das zwar überhaupt nicht, doch leider war ihm auf die Schnelle nichts besseres eingefallen.

"Ich kenn einen guten Laden", erklärte Oskar sofort.

"Ich hab nicht so viel Geld dabei." Andrej hatte sofort Angst, dass der Brünette damit ein schickes und somit überaus teures Lokal meinte.

"Ach, ihr Studenten. Keine Angst, ich habe nicht vergessen, dass du knapp bei Kasse bist." Oskar grinste ihn bei diesen Worten breit an. "Es kostet dort nicht viel und ist auch nicht allzu ungesund."

"Sag bloß du achtest auf so etwas." Allerdings wunderte es Andrej auch nicht allzu sehr, dass es so war. Der Mann schien einen Großteil seiner Freizeit auf sein Training und somit in seinen Körper zu investieren.

"Solltest du auch." Andrej wusste sehr wohl, dass er einen trainierten Körper hatte, weshalb er auf diese Äußerung eine Braue hochzog.

"Dann führ uns mal zu diesem Laden", forderte Sarina ihn auf. Sofort schlug er eine andere Richtung ein, die sie alsbald in einen ruhigeren Teil der Stadt führte. Hier waren nicht nur kaum Leute unterwegs, auch waren die Laternen teilweise am flackern. Auch wenn Andrej es nicht zugeben würde, so fand er es doch unangenehm, hier unterwegs zu sein. Andererseits fragte er sich, warum Oskar hier scheinbar öfter unterwegs war. Als auf einmal ein lautes Heulen die nächtliche Stille durchriss schauten sich die drei Erwachsenen irritiert und unsicher an.

"Was war das denn?" Sarina war die erste, die wieder ihre Sprache zu finden schien.

"Bestimmt nur ein Straßenhund", tat Oskar schulterzucken ab. Er wirkte von ihnen noch am gelassensten.

"So etwas gibt es hier?" Zweifelnd schaute Andrej den Mann an. In der Stadt hatte er noch nie einen Streuner gesehen. In diesem Teil war er zwar noch nie unterwegs gewesen, trotzdem zweifelte er an, dass es hier so etwas gab.

"Es kann doch auch einfach ein Hund gewesen sein", warf Sarina ein.

"Oder ein Wolf", entgegnete Oskar. Sofort war dem Blondhaarigen klar, dass er sie einfach nur auf die Schippe nehmen wollte.

"Bestimmt ein Werwolf", entgegnete Andrej ironisch. Wäre diese Gegend nicht so verlassen, hätte er sich gar keine Gedanken um dieses Heulen gemacht. Das war doch alles lächerlich.

"Vielleicht sollten wir der Sache nachgehen." Nun grinste Oskar derart breit, dass es selbst bei den herrschenden Lichtverhältnissen nicht zu übersehen war.

"Du spinnst doch", murmelte Andrej.

"Wie lange dauert es denn noch bis zu deinem Laden?", wollte Sarina wissen und lenkte damit vom Thema ab.

"Wir müssten eigentlich gleich da sein."

"Eigentlich?" Nicht nur die Frau schaute den Mann halb ungläubig halb amüsiert an. Sie hatten sich doch wohl nicht verlaufen?

"Ich war hier eben schon lang nicht mehr."

"Muss ja ein richtig guter Laden sein." Während Sarina das alles eher amüsant zu finden schien, war Andrej sich nicht sicher, ob er lieber lachen oder weinen sollte. Dieser Abend verlief definitiv anders, als er erwartet hatte. Und zu allem Überfluss war erneut dieses durch Mark und Bein gehende Heulen zu hören, das dieses mal noch lauter als eben noch klang. "Das klingt ja furchtbar", merkte die Frau an.

"Vielleicht steckt er in Schwierigkeiten?" Oskar schien das sehr gelegen zu kommen. "Vielleicht sollten wir mal nachschauen."

"Also haben wir uns doch verlaufen." Andrej wunderte das mittlerweile nicht mehr. Und stören tat es ihn noch weniger. Auch wenn er sich auf das Essen tatsächlich etwas gefreut hatte, so hatte er auch nichts dagegen, wenn es erst einmal aufgeschoben wurde.

"Ach komm schon, als ob du nicht neugierig wärst." Auf Oskars Worte verdrehte der Blondhaarige nur die Augen. Wieso sollte er auf einen Hund neugierig sein?

"Vielleicht führt er uns ja besser zu dem Laden als du", zog Sarina ihn auf, was auch Andrej grinsen ließ. Und damit machten sie sich auch schon auf, dem schaurigen Heulen, das immer wieder von neuem begann, zu folgen.

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Mittwoch, 3. Januar 2018
Bruchstück II
Oskar folgte Andrej durch den halben Park. Dieser schwieg konsequent, während er vor sich hingrinste. Das war wirklich befriedigender, als er gedacht hatte. Als sie den Park aber verließen, endete der Spaß schneller, als er gedacht hätte. Andrej überquerte gerade noch eine Straße, als plötzlich ein lautes Hupen neben ihm zu hören war. Erschrocken sprang er zur Seite, merkte aber schnell, dass das Warnsignal nicht ihm gegolten hatte. Stattdessen sah er aber, wie Oskar, der ihn noch immer verfolgt hatte, ein Stück durch die Luft flog. Er war angefahren worden. Sofort eilte Andrej zu ihm und ging neben ihm in die Hocke.

"Oskar! Alles okay bei dir?" Er griff sofort nach dem Arm des bei Bewusstsein sein Mann, um ihm hochzuhelfen. So sehr er sich die letzte Woche über ihn geärgert hatte, so etwas würde er niemanden wünschen. Zumal Oskar nicht sein Feind war.

"Ja... Nein... Ich weiß nicht." Er war sichtlich verwirrt, setzte sich aber immerhin auf. Mittlerweile war auch der Autofahrer ausgestiegen und eilte zu ihnen.

"Oh Gott, es tut mir so leid. Soll ich einen Krankenwagen rufen?" Der Frau war deutlich anzusehen, dass er ihr leid tat, dabei trug sie nicht einmal die volle Schuld. Immerhin hätte Oskar auch besser aufpassen können.

"Ja, das wäre sehr nett." Auch wenn ihm nichts anzusehen war, so konnte er doch innere Verletzungen haben. Der Angefahrene schien jedoch anderer Meinung zu sein.

"So ein Quatsch, es ist alles in Ordnung." Wie um es zu beweisen stand der Mann auf, wobei er noch leicht zitterte.

"N-na gut." Die Frau schaute ihn unsicher an. "Ich gebe ihnen meine Kontaktdaten, damit..."

"Schon gut", unterbrach Oskar die Frau und winkte gleichzeitig ab. "Es war ja meine Schuld und passiert ist auch nichts." Verwundert schaute Andrej ihn an. Das war nun gar nicht Oskars Art. Vielleicht hatte er doch etwas abbekommen.

"Wie Sie meinen." Sie wollte sich gerade verabschieden, als Oskar seine Meinung zumindest zum Teil zu ändern schien.

"Zum Krankenhaus können Sie mich aber sicher noch fahren."

"Ich dachte da wolltest du nicht hin?" Natürlich war der Blondhaarige froh darüber, wenn der Mann sich durchchecken ließ, trotzdem verstand er dessen Verhalten gerade überhaupt nicht.

"Nicht im Krankenwagen", knurrte Oskar zurück.

"Na gut, dann wünsch ich dir mal viel Spaß dort. Ich werd die nächste Woche mal vorbeikommen und schauen, wies dir geht." Er brauchte hier ja nicht länger als nötig herumzustehen, zumal sich langsam eine kleine Traube an Menschen und Autos um sie versammelt hatte.

"Nichts da, du kommst schön mit."

"Bitte?" Vergeblich versuchte sich Andrej aus dem plötzlichen Griff des anderen zu befreien, der ihn unnachgiebig mit zu dem Auto der Frau zog. Dieser blieb gar nichts anderes übrig, als seiner Bitte nachzukommen. Allerdings sah sie derart besorgt aus, dass es sie auch nicht weiter zu stören schien.

Andrej ergab sich seinem Schicksal, vor allem auch, da er sich mitverantwortlich für das fühlte, was gerade geschehen war. So dauerte es nicht lange, ehe sie vor der Krankenhaus rausgelassen wurden. Oskar hatte sich mittlerweile auch von seinem Schrecken erholt und schien tatsächlich nichts zu haben. Während sie nach der Anmeldung im Wartezimmer saßen. Das Schweigen wurde unterbrochen, als auf einmal eine hagere aber dafür sehr große Frau mit auffällig pinken Haaren den Raum betrat. Sie war selbst größer als Andrej, der mit seinen 1,95m nur selten überragt wurde. Er schätzte die Frau auf zwei Meter, was ihn wirklich beeindruckte. Als Oskar neben ihr dann aber noch aufstand, um sie zu begrüßen war er noch erstaunter.

"Sarina?" Der Brünette machte einen vorsichtigen Schritt auf sie zu und sprach erst weiter, als er von der Frau erkannt wurde.

"Oskar, stimmts?" Auf einmal erschien ein freudiges Lächeln auf ihren schmalen Lippen. Der Mann nickte eifrig.

"Wir haben uns ja ewig nicht mehr gesehen. Was für ein Zufall, dass wir uns gerade hier treffen."

"Das ist mindestens zehn Jahre her, oder? Das ist wirklich ein Zufall. Warum bist du hier?" Mittlerweile war sie näher zu ihnen gekommen.

"Ach, ich wurde eben angefahren." Während Oskar es wie eine Nebensächlichkeit erwähnte, hob die Frau erschrocken ihre Hand vor den Mund. "Keine Angst, mir gehts gut. Wir wollten nur sicherheitshalber nachschauen lassen." Sofort huschte ihr Blick zu Andrej, der bisher schweigend daneben gesessen hatte. "Das ist mein Kumpel Andrej. Er war eben dabei." Bei dem Wort Kumpel runzelte der junge Mann seine Stirn, unterließ es nun aber sich dazu zu äußern.

"Ah, freut mich. Mein Name ist Sarina." Ehe sich Andrej versah, war sie mit zwei großen Schritten bei ihm angekommen, um ihm die Hand zu geben. Trotz ihrer schmächtigen Figur hatte sie einen erstaunlich festen Händedruck. Dieser überraschte Andrej mindestens genauso sehr, wie ihre Größe. Er war es wirklich nicht gewohnt, nach oben schauen zu müssen, schon gar nicht bei Frauen.

"Andrej", stellte er sich nochmals selbst vor.

"Du bist ja noch ein richtig junges Kerlchen", stellte die Frau fest, während sie seine Hand wieder losließ.

"Ja, wir kennen uns ausm Park. Er trainiert dort auch manchmal." Oskar übernahm wieder das Wort, wofür der Blondhaarige ihm sehr dankbar war. "Warum bist du eigentlich hier?"

"Ach, nur ein allgemeiner Gesundheitscheck." Sie machte eine wegwerfende Handbewegung, die sofort deutlich machte, dass sie nicht näher darauf eingehen wollte.

"Woher kennt ihr euch denn?" Nachdem es kurz still geworden war, ergriff Andrej nun doch die Chance, etwas zu äußern.

"Wir waren zusammen auf der Schule", erklärte Sarina ihm sogleich. "Wir haben damals manchmal was zusammen unternommen und eigentlich auch ganz gut verstanden. Nach dem Abschluss haben wir uns aber leider aus den Augen verloren. Wie das nun mal so ist." Sie zuckte mit den Achseln

"Das ist dann ja wirklich ein Zufall." Auch wenn er sich für die beiden freute, da ihnen diese Begegnung zu gefallen schien, wollte er eigentlich nicht länger hier bleiben. Er fühlte sich wie ein fünftes Rad am Wagen und hatte heute auch gar nicht so viel erleben wollen. Immerhin hatte er nur Oskar etwas aufziehen wollen. Dank diesem Vorfall schien er das nun aber auch total vergessen zu haben.

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Montag, 1. Januar 2018
Bruchstück I
Es hatte alles am letzten Sonntag begonnen, als Andrej im Stadtpark unterwegs gewesen war, um sich etwas Bewegung und Frischluft zu verschaffen. Dabei war er Oskar über den Weg gelaufen. Einen Mann den er zwar kannte, da er ihn mindestens so oft wie sich selbst beim Training in dem Park sah. Da er mit seinen 30 Jahren aber auch sieben Jahre älter als der junge Mann war, zählte Andrej ihn nun nicht direkt zu seinen Freunden. Dieses Aufeinandertreffen war dieses Mal jedoch nicht so friedlich von Statten gegangen. Oskar, der sich teilweise wie sein Rivale verhielt, hatte ihn zu einem Wettrennen herausgefordert. Ohne groß darüber nachzudenken hatte Andrej zugesagt und war damit geradewegs in einen Streich des Mannes getappt. Denn das Rennen war nur ein Vorwand gewesen, um ihn in ein wirklich schlecht getarntes Loch fallen zu lassen. So hatte Oskar das gestellte Rennen nicht nur mit Leichtigkeit gewonnen, sondern hatte sich auch noch über den Jüngeren lustig gemacht. Seit diesem Tag hatte Andrej darüber nachgedacht, wie er sich für diese Gemeinheit rächen konnte und heute war es soweit. Obwohl mittlerweile eine Woche vergangen war, regte sich der Junge mit dem dunkelblonden Haar noch immer sehr über Oskar auf. Umso mehr freute er sich darüber, den Mann heute aufzusuchen und sich zu revanchieren. Dafür brauchte er nicht einmal ein Werkzeug. Zum Glück kannte er den anderen doch gut genug, um eine seiner Schwächen zu wissen. Er würde nur seine Worte benötigen. Wie am letzten Sonntag auch schon, machte sich Andrej heute in den Stadtpark auf, wo er nach kurzem Suchen tatsächlich Oskar entdeckte. Dieser machte gerade einige Dehnübungen, bei denen Andrej ihn einfach unterbrach, indem er ihm durch die brünetten Haare wuschelte.

"Na, wie gehts dir heute?" Er musterte den kleineren Oskar kurz. Dieser sah aus wie immer. Sein schulterlanges, brünettes Haar stand wuschelig in alle Richtungen, während seine goldenen Augen Andrej genervt fixierten. Wie immer war er von dieser seltenen Farbe für Augen beeindruckt. Wie immer im Sommer trug er ein Tanktop, dass seine beeindruckenden Tattoos an den Oberarmen und Schultern gut zur Geltung kommen ließ.

"Blendend. Wie gehts deinem Bein?" Andrej rümpfte über diese Frage seine Nase. Der andere wusste genau, dass er sich bei dem Sturz in das zwar nicht tiefe, aber unerwartete Loch sein Bein verletzt hatte. Dass er ihn nun darauf ansprach, ließ die Wut in dem Blondhaarigen erneut aufkochen. Lediglich die Tatsache, dass er einen Gegenplan hatte, ließ Andrej ruhig bleiben.

"Auch ganz gut, danke." Doch für Smalltalk war er nicht hergekommen. Also kam er ziemlich gleich auf den Punkt. "Hör mal, ich hab ein kleines Problem und da ich weiß, wie klug du bist, dachte ich, ich komme damit mal zu dir." Mit diesen Worten hatte er sofort Oskars volle Aufmerksamkeit.

"Ach ja? Worum gehts denn?" Er war also bereit, ihm zu helfen. Innerlich grinste Andrej bereits.

"Es ist ein Rätsel, dass ich nicht gelöst bekomme." Der Blick des Älteren wurde ungeduldig, weshalb er weitersprach. "Du kannst mich herunterschlucken, aber das kann ich auch mit dir machen. Was bin ich?" Sofort sah er es hinter Oskars Stirn arbeiten. Scheinbar kam er jedoch zu keinen Ergebnis, da er ihn unzufrieden anschaute.

"Du verarschst mich doch, oder? Das ist ein total bescheuertes Rätsel."

"Also kennst du die Lösung nicht?" Innerlich grinste sich Andrej bereits einen ab.

"Du doch auch nicht", entgegnete Oskar eher genervt.

"Oh, habe ich das gesagt? Das ist so einfach, das weiß sogar ich." Er grinste schief, was den anderen erst so richtig aufregte.

"Das sagst du jetzt doch nur so." Und obwohl er das behauptete, ließ er nicht locker. Anscheinend glaubte der Brünette seinen eigenen Worten nicht so ganz. "Warum solltest du mich denn sonst fragen?"

"Ach einfach nur so. Ist ja auch eigentlich egal, ob ich die Lösung nun kenne oder nicht, oder? Lass uns das einfach vergessen." Und genau das war der Punkt, den Andrej hatte erreichen wollen. Denn er wusste ganz genau, dass der andere das nicht konnte. Seine Genauigkeit würde dafür sorgen, dass er an nichts anderes mehr denken würde. Als Rache war diese Aktion wohl mehr als ausreichend wie Andrej fand.

"Jetzt komm schon, sei nicht so kindisch." Dafür unterbrach Oskar sogar sein Training.

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