Freitag, 12. Januar 2018
Bruchstück X
Obwohl sie sich während des Essens sehr gut verstanden und fast durchgehend gesprochen hatte, verlief der Heimweg nun in einheitlichem Schweigen. Dieses war nach Andrejs Empfinden aber keineswegs unangenehm. Viel eher wirkte es auf ihn, als würden sie sich in stillem Einklang befinden. Was genau er nun davon halten sollte, wusste der junge Mann nicht so recht. Für sein erstes Blind Date war dieses Treffen jedoch richtig gut verlaufen, was eventuell daran liegen mochte, dass es in seinen Augen kein Date gewesen war. Verstehen taten sie sich auf jeden Fall sehr gut. Als sie in eine nicht ganz so große Straße einbogen, brach Benja plötzlich das Schweigen, dass sie ebenso wenig zu stören schien.

"Wir sind gleich da. Danke noch mal, dass du mich begleitet hast." Glücklich und zum ersten mal etwas schüchtern lächelte sie den anderen an.

"Ach was. Die Strecke liegt eh auf meinem Weg." Und das stimmte tatsächlich, auch wenn es natürlich nicht der Grund gewesen war, aus dem Andrej das gemacht hatte. Und so wie Benja ihn nun anschaute, wusste sie das auch. Dazu äußern tat sie sich jedoch nicht, wofür er ihr sehr dankbar war.

"Was meinst du, hast du vielleicht noch ein paar Minuten?" Verdutzt ob dieser Frage schaute er das Mädchen an.

"Wozu?"

"Mit reinzukommen. Wir haben uns so gut verstanden, da kann ich dir jetzt schon was vorspielen." Es dauerte einen Augenblick, ehe der Groschen fiel. Scheinbar wollte sie ihm unbedingt ihr Können vorführen.

"Um diese Uhrzeit?" Wenn ihn nicht alles täuschte, dann hatte sie erwähnt, dass sie noch bei ihren Eltern wohnte. Diese wären sicher nicht sonderlich erfreut, wenn ihre Tochter um diese Uhrzeit mit einem fremden Kerl nach Hause kam und dann auch noch Lärm machte.

"Oh, du hast Recht." Entschuldigend lächelte Benja ihn an. "Aber ich könnte ja -" Plötzlich verstummte das Mädchen ohne erkennbaren Grund, was Andrej sofort unruhig werden ließ. Augenblicklich schlich sich das Bild eines dunklen Reiters vor sein inneres Auge.

"Was ist denn?" Sein aufmerksamer Blicke konnte jedoch nichts ungewöhnliches ausmachen.

"Da liegt ein Päckchen." Vor der Tür des Mehrfamilienhauses, vor dem sie gerade zum Stehen gekommen waren, lag tatsächlich ein kleines braunes Paket. Warum dieses das Mädchen nun so stutzig werden ließ, wusste Andrej jedoch nicht.

"Ist das ungewöhnlich?" Ohne auf Benja zu warten, setzte er sich wieder in Bewegung um nachzuschauen.

"Wer legt denn sowas einfach vor die Haustür?" Sie war ihm gefolgt und ging nun vor dem Päckchen in die Hocke, um die Adresse zu lesen. Ihr Gesicht versteinerte dabei geradezu. Andrej wartete geduldig, bis sie von sich aus wieder zu sprechen begann. "Das ist an mich?" Als wüsste sie nicht genau, was sie damit anstellen sollte, warf sie einen Hilfe suchenden Blick zu dem Blondhaarigen.

"Dann hast du wohl was bestellt?" Sie schüttelte nur ihren Kopf. "Oder es ist für deine Eltern." Andrej verstand echt nicht, was das nun sollte.

"Aber da steht mein Name drauf." Er versuchte einen Blick über die Schulter der Brünette auf die Adresse zu werfen, was ihn dank Benjas Hand jedoch nicht gelang. "Und selbst wenn es für mich ist, dann hätte es doch jemand angenommen."

"Von wem ist es denn?" Würde so etwas vor seiner Tür liegen, hätte er es vermutlich schon längst aufgemacht. Benja drehte das Päckchen auf seine Frage einmal in ihren Händen. Scheinbar wurde sie aber nicht fündig, da sie lediglich mit ihren Achseln zuckte. "Ist ja seltsam. Vielleicht will dich ja einfach jemand überraschen. Ich würds aufmachen." Es half ja auch nichts, einfach nur sein braunes Äußeres anzustarren.

"Du hast wahrscheinlich Recht." Und schon machte sich die junge Frau daran, das Klebeband noch vor der Haustür zu lösen. Ebenso neugierig blieb Andrej geduldig neben ihr stehen.

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Donnerstag, 11. Januar 2018
Bruchstück IX
Ihr gemeinsamer Gang zur Polizei hatte wie erwartet nichts ergeben. Die Polizei hatten, zu Andrejs Überraschen, ihre Aussage aufgenommen. Scheinbar war der Fall doch schon etwas bekannter. Danach hatten sie aber wieder auf der Straße gestanden und sich kurz darauf getrennt. Allerdings erst, nachdem Oskar ihn auf einen festen Termin am Wochenende festgenagelt hatte, an dem sie sich wieder zu dritt treffen wollten. Er wurde das Gefühl nicht los, dass zwischen Oskar und Salina etwas lief, was ihn natürlich freuen würde. Umso befremdlicher fand er es aber, mit diesen beiden Menschen zusammen zu sein, da sie beide auch noch ein gutes Stück älter waren als er. Nun stand aber das Treffen an, für das er soeben seine Wohnung verlassen hatte. Es war Abend und wurde langsam Dunkel. Genervt seufzte er über diesen Fakt. Was machte er eigentlich hier?

Als er aber an dem ausgemachten Treffpunkt ankam, wartete eine neue Überraschung auf ihn. Neben Sarina, deren Größe ihn nach der langen Zeit erneut beeindruckte, und Oskar, der überaus zufrieden aussah, stand dort noch eine dritte Person. Sie war kaum größer als 1,50m und sah neben der Pinkhaarigen geradezu wie ein Zwerg aus. Das schulterlange brünette Haar und das, trotz der leicht molligen Statur, feminine Gesicht, ließ ihn auf ein Mädchen tippen. Allein diese Tatsache löste ein unruhiges Gefühl in Andrej aus. Trotzdem kam er langsam näher.

"Andrej", wurde er sogleich überschwänglich von Sarina begrüßt. Ehe er sich versah, hatte die hagere Frau ihn in die Arme geschlossen und kurz gedrückt. Ihre Größe machte die ganze Situation für den jungen Mann nur noch unangenehmer. Als er endlich wieder losgelassen wurde, machte Oskar sogleich mit den Unannehmlichkeiten weiter.

"Das hier ist übrigens Benja", stellte er das kleine Mädchen vor, welches neben ihm stand. Andrej warf ihm einen kurzen Blick zu und nickte dann leicht zur Begrüßung. Er wusste nach wie vor nicht, wie er die Fremde einschätzen sollte, warum sie hier war.

"Benja ist eine Freundin von mir", begann Sarina, die mittlerweile wieder einen Schritt zurückgegangen war, zu erklären. Kurz huschte der Blick des Blondhaarigen noch einmal zu dem Mädchen, das verdammt jung aussah. Jedoch stellte er nicht die Frage, woher sich die beiden Frauen kannten. "Und da sie in deinem Alter ist dachte ich-"

"Du willst mich verkuppeln?" Es war genau das, was der junge Mann befürchtet hatte und genau das, was er so gar nicht wollte. Dass Benja alles mit anhören konnte, war ihm da herzlich egal. "Außerdem sieht sie doch etwas zu jung für mich aus." Nicht dass ihn das irgendwie interessierte.

"Ich bin 20!", widersprach Benja sogleich. Sie hatte zugegebenermaßen eine schöne Stimme, was für Andrej aber nichts änderte.

"Jetzt reg dich doch nicht so auf", versuchte Sarina ihn wieder etwas zu beruhigen. "Ich wollte dir doch nur einen Gefallen tun."

"Einen Gefallen? Mit einem Blind Date? Von dem ich nicht einmal etwas weiß? Und wofür überhaupt einen Gefallen?" War ja nicht so, dass sie ihm etwas Schuldig war. Mal davon abgesehen, dass dies in so einem Fall ein wirklich mieser Gefallen gewesen wäre. Dass er bei seinen Worten leicht hysterisch wurde, interessierte Andrej herzlich wenig. Und genauso schien sich auch Sarina für seinen Ausbruch zu interessieren, als sie ihm ganz normal antwortete.

"Dank dir haben wir zusammen gefunden." Andrej verzog leicht sein Gesicht. Das war schön für die beiden, aber was interessierte es ihn?

"Wieso dank mir? Ihr habt euch nur getroffen, weil Oskar angefahren wurde." Zwar war der Blondhaarige immer noch aufgebracht, doch Sarinas ruhige Art hatte ihn immerhin etwas beruhigt.

"Und das war deine Schuld."

"Bitte?" Ungläubig schaute er Oskar an, der seine Antwort nicht einmal vorwurfsvoll gemeint hatte. Trotzdem ärgerte sich Andrej darüber.

"Jetzt regt euch doch bitte ab", mischte sich Benja auf einmal ein. Flehend schaute sie hauptsächlich den jungen Mann an, der mittlerweile die Arme vor der Brust verschränkt hatte. "Sarina hatte mir nur gesagt, dass sie mir einen süßen Jungen in meinem Alter vorstellen wollte. Wenn das jetzt so einen Streit gibt, dann gehe ich lieber wieder." Bei ihrer traurigen Stimme tat es Andrej fast leid, dass er sich so aufgeregt hatte. Die Tatsache, dass Sarina ihn als süß betitelt hatte, verschlug ihm gerade aber die Sprache und somit auch die Fähigkeit auf irgendetwas reagieren zu können. Erst als das Mädchen weitersprach, kam er wieder zu sich. "Ich wünsche euch noch einen schönen Abend und -"

"Ach was, jetzt wo du schon da bist." Bei seinen Worten schaute er an Benja vorbei auf einen unsichtbaren Punkt hinter ihr. "Dich trifft keine Schuld, es war nur ein Missverständnis. Tut mir leid." Dass er sich tatsächlich entschuldigte, regte Andrej wieder etwas auf. Aber er konnte das Mädchen jetzt auch nicht einfach gehen lassen. Sie war ja schon irgendwie süß. "Verdammt!", murmelte er so leise vor sich hin, dass die anderen es unmöglich hören konnten. Dafür würde Sarina noch zahlen. Als er aber Benjas breites Lächeln sah, dass sich auf einmal auf ihre Lippen gelegt hatte, waren auch diese düsteren Gedanken aus seinem Kopf verschwunden. "Und was habt ihr nun geplant?" Er entschied sich, nicht weiter darüber zu sprechen und wandte sich stattdessen mit dieser Frage an die zwei älteren.

"Dieses Mal wollten wir endlich essen gehen", verkündetet Oskar, wofür der Blondhaarige ihm sofort einen alarmierten Blick zuwarf.

"Aber nicht wieder in dem Laden?"

"Nein, keine Angst." Fast etwas zu energisch schüttelte er seinen Kopf.

"Wir haben ein schönes und günstiges Lokal ziemlich Zentral gewählt", ergänzte Sarina. "Das werden wir auch sicher finden."

"Na gut", murmelte Andrej und dann gingen sie auch schon los. Während des Laufens fiel er etwas zurück, und mit ihm auch Benja.

"Bist du auch Studentin?", fragte er schließlich um ein Gespräch zu beginnen.

"Nein, ich gehe noch zur Schule."

"Zur Schule?" Etwas überrascht schaute er das Mädchen an. Mit 20 Jahren hätte er damit nicht mehr gerechnet.

"Ähm ja, ich habe eben etwas länger gebraucht. Aber wenn ich fertig bin will ich auch studieren", verkündete sie ihm beinahe stolz.

"Ach ja? Was denn?" Nicht, dass es ihn wirklich interessierte. Die Frage bot sich einfach nur an.

"Musik." Überrascht schaute Andrej auf.

"Du spielst Instrumente?" Nun hatte sie doch sein Interesse geweckt.

"Violine, Gitarre, Piano. Aber ich kann auch singen." Sein Interesse schlug in Unglauben um, als er das Mädchen einfach nur anstarrte. Dieses fing sogleich an zu lachen. "Was ist denn? Meine Eltern haben mich schon als kleines Kind damit anfangen lassen." Sie zuckte die Achseln, als wäre nichts weiter dabei.

"Das ist unglaublich."

"Danke, aber es ist wirklich nichts besonderes." Andrej warf ihr einen zweifelnden Blick zu, als sie ihr können derart runter spielte. "Ich kann dir ja mal etwas vorspielen wenn du magst."

"Klar", stimmte der junge Mann zu. Hören würde er das schon gerne, auch wenn er nicht wusste, wann es dazu kommen sollte.

"Cool." Mit seiner Antwort schien er Benja eine Freude zu machen. Er konnte nicht anders, als sich darüber zu freuen.

Schließlich kamen sie bei dem Restaurant an, das viel mehr einer billigen Pizzeria glich. Andrej war das nur recht. Doch anstatt sich alle an einen Tisch setzten, entschieden sich die anderen dafür, dass sie zwei kleine Tische für je zwei Personen zu wählen. Ihre Tische standen zwar nebeneinander, wirklich miteinander reden konnten sie so aber nicht. Es war offensichtlich, dass er nur hier war um ein Date zu haben. Da Benja aber nett zu sein schien, wollte er nicht einfach abhauen.

"Was bestellst du dir?" Mit fragendem Blick schaute das Mädchen ihn an, nachdem sie die Karten durchgeschaut hatten.

"Eine ganz normale Salami Pizza, denk ich. Und eine Fanta."

"Also Standard? Ich werde heute mal die Spinatpizza probieren." Auf ihre Worte zog Andrej eine Augenbraue hoch.

"Und welche isst du am liebsten?"

"Gar keine", entgegnete Benja, ohne groß darüber nachzudenken. "Ich mag Abwechslung und probiere gerne neue Sachen." Sie lächelte ihn breit an und hängte dann noch einen Satz dran. "Dafür trinke ich nur ein langweiliges Wasser."

"Da bin ich aber erleichtert." Das Mädchen schien wirklich Spaß mit ihm zu haben. Auch während des Essens hatten sie durchgehend Gesprächsthemen. Von Lieblingsmusik über Filme und Serien bis hin zu sportlichen Aktivitäten. Benja betrieb zwar keine, zeigte sich aber interessiert an Andrejs Training. Außerdem erfuhr er, dass sie sich sehr für Esoterik interessierte und sogar vorschlug ihm Karten zu legen. Doch auch das musste auf einen späteren Zeitpunkt verschoben werden, da sie keine Karten dabei hatte. Obwohl dieser Abend für Andrej so unangenehm begonnen hatte, hatte er die Zeit in dem Lokal sehr genossen und auch viel Spaß gehabt. Schließlich zahlten sie aber und verließen den Laden wieder. Mittlerweile war es spät und demnach auch richtig dunkel geworden. Glücklicherweise funktionierten die Straßenlaternen hier einwandfrei.

"Ich bin richtig vollgefressen", beschwerte sich Oskar, kaum dass sie wieder an der frischen Luft waren. Mit den beiden Älteren hatten sie die ganze Zeit über nicht wirklich gesprochen, so dass Andrej deren Anwesenheit beinah vergessen hatte.

"Niemand hat dich gezwungen so viel zu essen", merkte Sarina kichernd an.

"Ich bin aber auch gut satt geworden." Benja streckte sich kurz, wobei Andrej sie beobachtet. Schon während des Essens war der junge Mann beeindruckt von ihrer Ausdauer gewesen. Selbst er hätte beinahe nicht alles gepackt und sie hatte genauso viel gehabt wie er selbst. Für ein Mädchen und ihre Größe konnte Benja wirklich gut essen.

"Und was habt ihr nun vor?" Andrej wollte wirklich nicht ungeduldig klingen, doch für heute hatte er wirklich genug Überraschungen erlebt.

"Also ich müsste jetzt nach Hause", erklärte Benja etwas unerwartet. Auf die fragenden Blick zuckte sie mit den Achseln. "Meine Eltern." Was war Andrej froh, dass er mittlerweile alleine lebte. Da das Mädchen noch zur Schule ging, wunderte es ihn aber nicht, dass es bei ihm anders war.

"Na gut, dann werde ich dich noch begleiten." Diese Worte mochten für den Blondhaarigen vielleicht etwas ungewöhnlich sein, so konnte er aber den beiden Turteltäubchen entkommen. Alleine mit ihnen wollte er den Abend sicher nicht verbringen.

"Oh, wirklich?" Mit glänzenden Augen schaute die Brünette ihn an. Die Freude war ihr deutlich anzusehen. Natürlich hätte Andrej auch alleine nach Hause gehen können, aber bei allem was er letztens erlebt hatte, konnte er das Mädchen nicht alleine gehen lassen. Er nickte nur zustimmen.

"Das ist wirklich nett von dir, Andrej", merkte Sarina an. Ihr Grinsen konnte sie dabei kaum verbergen. "Passt auf euch auf und kommt gut nach Hause." Nach einer kurzen Verabschiedung lösten sich die zwei Paare auch schon voneinander.

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Dienstag, 9. Januar 2018
Bruchstück VIII
"Eine gute Idee. Lass uns das gleich machen." So wie Oskar klang, schien er selbst noch gar nicht auf diesen Gedanken gekommen zu sein.

"Bitte? Ich hab keine Zeit für so etwas." Zwar war er extra in den Park gekommen, da er wusste Oskar hier anzutreffen. Er wollte aber nicht gleich wieder in was neues hereingezogen werden, was nur an seinen Nerven zerrte. Zumal ihnen diese Geschichte sowieso niemand abkaufen würde.

"Ach komm schon, es beschäftigt dich doch auch." Sein Versuch Andrej zu überreden traf auf taube Ohren.

"Ich will nichts mehr damit zu tun haben."

"Pff, dann genieß eben deine Einsamkeit."

"Was soll das denn jetzt heißen?" Verständnislos schaute er den Brünetten an.

"Ich dachte wir sind jetzt Kumpel, aber scheinbar habe ich mich geirrt." Seine offenen Worte überraschten den Blondhaarigen. Doch die Überraschung wurde von einem schlechten Gefühl überdeckt. Plötzlich fand sich Andrej in der Situation, sich rechtfertigen zu müssen.

"Was hat das eine mit dem anderen zu tun?" Dass er selbst sie nicht unbedingt als Kumpels sah, konnte er dem Mann unmöglich an den Kopf werfen. Seine Reaktion verstand er jedoch wirklich nicht.

"Ich werd das Gefühl nicht los, dass du nichts mit mir zu tun haben willst. Ist es etwa immer noch wegen dem Streich?" Überrascht schaute Andrej ihn an. Daran hatte er längst nicht mehr gedacht.

"Nein! Wirklich nicht." Er machte eine kurze Pause und seufzte dann ergeben. "Na gut, ich komme mit." Er wollte dem Brünetten kein schlechtes Gefühl machen, nachdem er so offen mit ihm geredet hatte. Und vielleicht wurden sie ja wirklich noch Freunde. Andrej hätte kein Problem damit, bisher hatte ihn lediglich der Altersunterschied davon abgehalten. Vielleicht würden sie sich aber noch besser verstehen. Über all diese Gedanken vergaß er, worum es eigentlich ging.

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Montag, 8. Januar 2018
Bruchstück VII
Als er an diesem Nachmittag wieder in die Stadt zurückkam, machte er sich zum ersten Mal nach dem Vorfall zum Stadtpark auf. Da die Wahrscheinlichkeit sehr groß war, dort auf Oskar zu treffen, hatte er diesen Ort die letzten Tage gemieden. Und tatsächlich dauerte es nicht lange, bis ihm der Brünette Mann über den Weg lief. Obwohl er ihn nach wie vor nicht als guten Freund sah, so hatte ihr gemeinsames Erlebnis, doch sein Verhältnis zu ihm verändert.

"Andrej?" Anscheinend musste er sich erst einmal versichern, dass er auch die richtige Person vor sich hatte. "Ich dachte schon, du würdest gar nicht mehr hierher kommen. Ist alles okay? Wir haben uns Sorgen gemacht." Bevor er antwortete, musterte Andrej den anderen für einige Sekunden eindringlich. Sein unerwarteter Redeschwall hatte den jungen Mann etwas überfordert.

"Ihr hättet doch anrufen können." Immerhin hatten sie deswegen ja ihre Daten ausgetauscht. Oskars unbeholfener Blick ließ ihn aber weitersprechen. "Mir gehts ganz gut, ich wollte einfach ein paar Tage meine Ruhe haben." Auf diese Worte schaute der Brünette ihn kurz seltsam an.

"Was denkst du über das Geschehene." Der Themenwechsel kam etwas plötzlich für Andrej aber keineswegs unerwartet. Ihm war klar gewesen, dass Oskar darauf zu sprechen kommen würde. Und trotzdem hatte er sich keine Antwort zurecht gelegt. Er zuckte lediglich mit den Schultern. "Sarina und ich haben uns mal schlau gemacht, diese Gegend scheint üblich für ihn zu sein."

"Und?" Andrej verstand nicht, worauf der Mann hinaus wollte.

"Ist es nicht seltsam, dass niemand der Sache nachgeht, obwohl es bekannt ist? So ein Pferd ist auch nicht gerade unauffällig. Sarina meinte übrigens, es wäre eine Stute gewesen." Über diese Information verdrehte der Blondhaarige die Augen. Warum hatte die Frau auf so etwas geachtet und warum um alles in der Welt erzählte der andere ihm das nun?

"Und was willst du mir damit jetzt sagen?" Es war offensichtlich, dass sich der andere mit ihm darüber austauschen wollte. Also tat er ihm den gefallen, auch wenn Andrej eigentlich nichts mehr damit zu tun haben wollte. Er würde nicht mehr Nachts rausgehen und schon gar nicht würde er diesen Stadtteil betreten. Damit durfte er mehr als sicher sein.

"Wir dachten an einen Werwolf, oder vielleicht auch einen Vampir."

"Wie kommt ihr denn darauf?" Es war keine Frage aus Interesse. Eher fragte er sich, wie die beiden auf solche Vermutungen kamen. Klar, es war alles sehr merkwürdig gewesen, doch für so etwas musste man schon viele Horrorfilme geschaut haben.

"Na, er hatte doch einen Wolf dabei. Außerdem war es so kalt. Vielleicht war es aber auch ein Geist", äußerte Oskar in Gedanken.

"Oder aber ein Zombie", merkte Andrej in ironischem Tonfall an, obwohl ein Geist noch am realistischsten klang.

"Klar!" Der Ausruf des Brünetten klang nicht sonderlich überzeugt. "Natürlich brauchen wir dringend Zombie-Stutenkerle!" Nun war es Oskar, der seine Augen verdrehte.

"Was für ein Teil?" Eigentlich wollte Andrej gar nicht wissen, was der Mann gerade gesagt hatte. Die Worte waren längst aus seinem Kopf verbannt. "Geht doch zur Polizei, wenn es dich so beschäftigt." Dieser Reiter war immerhin bewaffnet gewesen, die könnten da noch am meisten ausrichten.

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Sonntag, 7. Januar 2018
Bruchstück VI
Nach dem Zwischenfall in der dunklen Gasse waren die drei Erwachsenen nicht mehr essen gegangen, sondern hatten sich für diesen Abend getrennt. Zwar hatten sie ihre Kontaktdaten ausgetauscht, doch seitdem hatte Andrej nichts mehr von ihnen gehört. Und das war nun immerhin schon fast zwei Wochen her. Einerseits fragte er sich, was wohl die anderen beiden über das Geschehene dachten, andererseits war er froh, dass er einfach mal seine Ruhe haben konnte. Er hatte viel über diese Gestalt und den Wolf nachgedacht und war zu dem Entschluss gekommen, dass es besser war, wenn er nicht mehr daran dachte. Um sich etwas abzulenken, war er an diesem Tag etwas außerhalb der Stadt unterwegs. Er wollte den sonnigen Tag genießen und wurde sogleich mit etwas überrascht, womit er um diese Jahreszeit so gar nicht gerechnet hatte. Auf einen der Hügel, die sich um die Stadt erhoben und an dessen Fuße er sich gerade befand, wurde ein farbenfroher Drache steigen gelassen. Für einen Moment blieb Andrej einfach stehen und schaute ihm dabei zu, wie er am Himmel umhertanzte. Bei dem Anblick bekam der junge Mann Lust, selbst so fliegen zu können, oder zumindest auch so einen steigen zu lassen. Dafür müsste er sich aber erst einmal einen kaufen und dazu war er eindeutig zu geizig. Doch auch als er seinen Weg schließlich fortsetzte, blieb dieser Gedanke in seinem Hinterkopf.

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